Taktische Analyse Energie Cottbus – Dynamo Dresden

Kopiert von: Spielverlagerung.de


 

 

Nach den jeweils erfolgreichen Auftaktpartien ging es für Energie Cottbus und Dynamo Dresden am zweiten Spieltag der 3. Liga im direkten Ostduell um die nächsten Punkte. Die Gäste unter Neu-Trainer Stefan Böger, zuvor als Übungsleiter in den DFB-U-Mannschaften durchaus erfolgreich, traten in einem 4-2-3-1 mit flexibler Doppelsechs an, das durch Dürholtz´ Vorrücken im Pressing zu einem 4-4-2 wurde. Weil die von Stefan Krämer, der zuvor bei Bielefeld auf sich aufmerksam zu machen wusste, betreuten Hausherren in einer eher 4-3-3-haften Ordnung mit ebenfalls vielseitigem Mittelfeld aufliefen, kam es gelegentlich zu gewissen direkten Zuordnungen auf dem Feld, auch wenn die Teams nicht durchgehend klar mannorientiert (Cottbus hatte diese Elemente aber schon in gewissen Zügen vorhanden) agierten.

blick über den tellerrand 18 cottbus-dresdenGegen das Pressing der Gäste hatten Cottbus damit Probleme, dass Perdedaj als tiefster Sechser häufig zwischen den gegnerischen Stürmern verschluckt wurde. So musste Energie über den leicht aufrückenden Mimbala aufbauen, der aber keine optimalen Verbindungen fand. Der jeweilige Rechtsaußen agierte meistens sehr hoch, während die eher auf halblinks vorhandene Dynamik um die Bewegungen von Michel, Holz und Ledgerwood somit nicht konstant bedient werden konnte. Häufig waren die Lausitzer daher zu langen Bällen gezwungen, die sie ohnehin gerne in ihr Spiel einbauten, die aber Dresden mit gutem gruppentaktischen Verhalten und einem Fokus auf die richtigen Bereiche meistens entschärfen konnte. Nur selten gelang es Cottbus, das Leder effektiv in den Zwischenlinienraum abzulegen – bloß halblinks gab es dann den einen oder anderen Ansatz, wenn Dresdens Doppel-Sechs noch weit herübergeschoben war.

Beim Ausspielen wirkten die Hausherren dann aber etwas überdreht und improvisiert, was mehrfach auch in unpassender Entscheidungsfindung mündete. Ein wenig sinnbildlich standen die gut gemeinten Mittelfeldrochaden, die durch viel Engagement geprägt waren und auch mal den einen oder anderen weiten überraschenden Dynamik-Vorstoß Perdedajs einschlossen, aber letztlich nicht gut genug an das Gesamtkonstrukt angeschlossen und orientiert genug eingebunden waren, so dass sie eher ungerichtet verliefen. Erschwerend kam hinzu, dass Dresden die Versuche von Energie ballnah mit weitem Herüberschieben abwürgte und dabei sehr bewusst lokale Kompaktheiten erzeugte. Hierbei agierten sie in der gruppentaktischen Ausführung recht geschickt und nutzten aus, dass Cottbus weite, druckvolle Verlagerungen etwas unsauber spielte und nicht wirklich stringent vorbereitete. Vor allem nach dem frühen Rückstand frustrierte Dresden das Heimteam bei deren Comeback-Bemühungen damit zusehends.

Dass es überhaupt zu einem 0:2-Stand nach einer guten Viertelstunde gekommen war, muss als ein wenig glücklich gewertet werden. In der Anfangsphase verbuchte Dynamo nur sehr leichte Vorteile und profitierte auch von der starken Chancenverwertung. Mit der Zeit demonstrierten sie ihre spielerischen Qualitäten aber immer deutlicher und legten dabei auch die schwächer werdende Abwehrarbeit des Gegners offen. Anfangs leitete Cottbus durch die Positionierung des Mittelstürmers und die gut darauf angepassten Bewegungen Michels effektiv auf die linke gegnerische Seite und damit auch weg vom spielstarken Teixeira. Trotz einiger Vorstöße von Hefele und situativ unterstützenden, aber etwas drucklosen Bewegungen des Mittelfelds gelang Dynamo in den ersten zehn Minuten daraus nicht viel – es gab stattdessen eher misslungene, simple Flügelaktionen.

Die Entstehung der Ecke zum 0:1, als man einmal auf die rechte Seite kam, war dann die erste starke Offensivaktion der Dresdner, die auch in der Drangphase vor dem 0:2 diese Zone gut bespielten. Über die Unterstützung von Dürholtz und Teixeira sowie eines Sechsers – Hartmann agierte einleitend, Moll rochierte situativ aggressiv von der linken Position herüber – entstanden einige kleinräumige Überladungen. Das Ausspielen dieser durchaus ansehnlichen Szenen war teilweise sehr simpel, aber solide und klar. Selbst wenn man nicht direkt durchkam, entstand auch aufgrund der ordentlichen Absicherung zumindest sinnvolle Offensivpräsenz, die beim 0:1 entscheidend war. Vor dem zweiten Tor verlagerte man dann anschließend auf links und traf per anschließender Flanke. Schließlich fiel vor der Halbzeit noch der dritte Treffer durch Angreifer Comvalius, der sich damit für sein starkes Zurückfallen belohnte, das ebenfalls ein kleiner Pluspunkt gegen die mannorientierten Innenverteidiger war.

Dass aus den Angriffen von Dynamo immer mal wieder recht einfach klare Chancen entstehen konnten, war auch dadurch mitbedingt, dass die hohe Sturmreihe von Cottbus nach dem Überspielen nicht immer effektiv mit nach hinten rückte. So gab es für Dresden Zeit in gewissen Räumen, das Mittelfeld der Hausherren musste zurückhaltender agieren und es taten sich Verlagerungslücken auf. Dass sie diese Szenen auf rechts wiederum überhaupt bedienen konnten, hatte zwei Gründe: Erstens wurde das Leiten im Cottbuser Pressing inkonsequenter, zweitens kam Dresden gegen die passiven, losen Zentrumsmannorientierungen besser und ruhiger ins eigene defensive Mittelfeld, von wo aus die Zirkulation im zweiten Drittel auch nach rechts verlagern konnte. Insgesamt muss man die kurzzeitige, gruppentaktisch starke Kleinräumigkeit loben, mit der Dresden die eigenen Offensivbemühungen immer wieder vorbereitete. Damit erspielten sie sich einen hohen Pausenvorsprung, der die Partie zu diesem Zeitpunkt bereits vorentschied.

Damit dürften die Sachsen tatsächlich als ein unerwartet hoffnungsvoller Favorit für die oberen Plätze des Klassements gesehen werden, doch auch Cottbus sollte man aufgrund dieses enttäuschenden Ergebnisses nicht abschreiben. Es nicht ganz überraschend, dass die Mannschaft von Stefan Krämer sich vor allem über zweite Bälle, gelegentliche Schnellangriffe und viel aufreibendes, teils wildes Bewegungsengagement definieren würde. Spielerisch hatten auch seine Bielefelder gelegentlich Probleme – als sie sich aber in ihrer Strategie zusehends eingefunden hatten und effektiver geworden waren, gelangen ihnen große Erfolge in dieser 3. Liga.

Hinterlasse einen Kommentar